Das Frühstück fand wieder um 9:30 statt, dann packen und Abfahrt zum Flughafen, wo wir um 11:30 ankamen. Das vorzeitige Dasein nützte nichts, Indian Airlines öffnete erst um 12:00. Dann hieß es also warten, viel Hoffnung mitzukommen hatten wir jedoch nicht, denn außer uns warteten ziemlich viele Leute. Bernd sprach den glubschäugigen Mann an, den wir ein Stück im Taxi mitgenommen hatten, weil er ziemlich wichtig auf dem Flughafen herumlief. So nach dem Motto, wenn wir mit den Flieger mitkämen, sollte es sein Schade nicht sein. Zunächst tat sich überhaupt nichts, nur sämtliche Reisegruppen checkten ein und wir sahen schon unsere Felle davonschwimmen. Aber um 13:00 war es dann soweit, wir bekamen unsere Ticket und Glubschauge 200 Rs. Wie sich später herausstellte, waren es die letzten zwei Plätze gewesen und Wartelistenplätze vor uns hatten das Nachsehen.
Gegen 15:00 kamen wir in Varanasi an, mit Warten auf die Taschen und der anschließenden Taxifahrt in die Stadt, kamen wir endlich um 16:30 im Clarks-Hotel an. Dort taten sie etwas komisch und meinen Brief mit der Reservierung hatten sie angeblich nicht bekommen (Die Bestätigung von Clarks fanden wir Zuhause in der Post vor). Aber schließlich gaben sie sich dann doch etwas Mühe und besorgten für uns ein Zimmer im Hotel Hindustan International, ein ganz neues Haus mitten in der Altstadt, zwar nicht das Clarks, aber ganz neu und sehr schön. Nach Einweihung der hervorragenden Dusche machten wir noch eine kleine Runde in der Nähe des Hotels und aßen dann im Hotel zu Abend.
Varanasi, die Stadt der Ewigkeit mit heute 650.000 Einwohnern, ist einer der berühmtesten Wallfahrtsorte in Indien und außerdem das Ziel vieler Touristen. Seit mehr als 2000 Jahren ist die Stadt Varanasi am Ufer des heiligen Ganges Zentrum von Lehre und Kultur. Nur 10 Km entfernt von Varanasi, in Sarnath predigte Buddha vor 2500 Jahren erstmals von seiner Erleuchtung. Später wurde die Stadt ein bedeutendes Hinduzentrum, litt aber seit dem 11. Jahrhundert immer wieder unter den unerbittlichen Angriffen der Moslems. Diese Angriffe fanden ihren Höhepunkt unter dem Modulherrscher Aurangzeb, der fast alle Tempel niederriß und den schönsten und berühmtesten Tempel in eine Moschee verwandelte.
Varanasi ist auch unter den Bezeichnungen Kashi und Benares bekannt. Ihr heutiger Name bedeutet nicht anderes als "Stadt zwischen zwei Flüssen"; das sind der Varuana und der Asi. Für die gläubigen Hindus war Varanasi immer ein besonders heiliger Ort. Die Stadt ist nicht nur ein bekannter Wallfahrtsort, sondern auch ein begehrter Ort zum Sterben, denn das soll jedem Hindu den sofortigen Eintritt in den Himmel sichern. Bis heute ist Varanasi aber auch ein Ort des Lernens und des Lehrens, besonders des Sanskrit. Aus ganz Indien strömen Studenten hierher. Ein krasser Gegensatz zu diesem geistigen Zentrum ist die Tatsache, dass Varanasi in einer sehr armen Gegend liegt, die vornehmlich aus Agrarland besteht und völlig übervölkert ist. Seit der Unabhängigkeit hat sich hier kaum etwas verändert.
Die alte Stadt Varanasi liegt am Westufer des Ganges und erstreckt sich von den Badeplätzen am Ufer mit einem Gewirr von engen Straßen landeinwärts. Die Straßen sind zum Teil so eng, dass kein Fahrzeug hindurch kommt und alles nur zu Fuß geschehen kann. Hohe Häuser säumen die schmalen Gassen, die nicht gerade sauber sind. Die Stadt erstreckt sich vom Raj Ghat, nahe der Brücke, bis zum Asi Ghat bei der Universität.
Nach dem Frühstück fuhren wir mit einem nicht Englisch sprechenden Scooterfahrer zu Indian Airlines, der unser Fahrtziel nur rauskriegen konnte, indem er seinen Schlepper unterwegs einlud, der uns auch gleich alles mögliche aufdrängen wollte, aber erfolglos. Gegen halb 12 waren wir bei Indian Airlaines in der Nähe des Hotel Clarks im Stadtteil Cantonment. Eine etwas größere Menschenmenge hat sich im Indian Airlines Büro eingefunden, und so hieß es eben warten. Gegen 13:00, nach endlos erscheinender Warterei hatten wir das ok für alle unsere Flüge (Varanasi - Calcutta - Bagdora - Calcutta) und die Tickets waren ausgeschrieben. Als das Mädel mit Schreiben fast fertig war, fiel der Computer aus, aber mit unseren Flügen hatte es gerade noch geklappt.
Danach fuhren wir zum "Mutter Indien" Tempel (Bharat Mata Tempel), den ich viel größer in Erinnerung hatte.
Da dieser Tempel der Mutter Indien geweiht ist, enthält er auch nicht die üblichen Figuren von Göttern und Göttinnen, sondern eine Reliefkarte von Indien aus Marmor. Der Tempel wurde von Mahatma Gandhi eröffnet und darf von jedermann betreten werden.
Danach machten wir uns auf den Weg in Richtung Ganges, durch das Gewusel der Altstadt. Wir kamen fast am Dasaswamedh Ghat zum Fluß. Der Name Dasaswamedh Ghat besagt, das Brahma hier 10 (das) Pferde (aswa) segnete (medh). Er ist einer der bedeutendsten Badeplätze und liegt zudem sehr zentral. Der Raja Jai Singh von Jaipur errichtete auch hier in Varanasi eines seiner ungewöhnlichen Observatorien (1710). Es ist zwar nicht so schön wie die Observatorien in Delhi und Jaipur, aber dafür ist die Lage einzigartig. Wir spazierten weiter die Ghats entlang (Mir Ghat, Jalsain Ghat und Manikarnika Ghat). Das Manikarnika Ghat ist der heiligste alle Badeplätze, hochgestellten Persönlichkeiten ist es gestattet sich auf diesem Ghat einäschern zu lassen.
Wir fuhren mit einer Rikscha zum Hotel zurück. Dort trafen wir beim Abendessen die Italiener wieder, die uns schon im Bus nach Khajouraho begegnet waren.
Am Abend hatten wir uns mit den Italienern zum Sonnenaufgang am Ganges verabredet, so hieß es um 5:00 aufstehen und Anfahrt mit einem Scooter um 5:15. Als wir an den Ghats ankamen wollte uns unser Scooterfahrer einen Kumpel mit Boot vermitteln, wir stimmten zuerst zu, aber als er dann 100 Rs pro Person haben wollte, also insgesamt 400 (!!) lehnten wir ab.
Es schien mir doch sehr überteuert zu sein und so blieben wir auf den Stufen sitzen und behaupteten, den Sonnenaufgang von hier aus genauso gut sehen zu können. Wir blieben stur, und schließlich war der Bootsmann bei 15 Rs pro Person zufrieden, und das erschien uns korrekt.
Also um 5:45 abrudern. Wir fuhren an den Ghats entlang. Der frühe Morgen ist für die Bewohner Varanasis und die Pilger der Zeitpunkt für sein rituelles Bad, für den Touristen aber der Moment, eine Schiffahrt zu unternehmen.
Der Anblick ist unvergeßlich. Sie kommen zu Hunderten, Reiche und Arme, Brahmanen und Bauern, jeder für sich, murmeln sie heilige Formeln, tauchen drei mal ein, wie es vorgeschrieben ist, mit gebeugten Knien und zusammengelegten Händen, reiben sich ab und besprengen sich, trinken das schlammige Wasser, spucken und schnauben.
Die Frauen behalten schamhaft den Sari an, aber wenn sie wieder auftauchen, modelliert der nasse Stoff ihre Körper.
Unsere Fahrt dauerte zwei Stunden, die Sonne war aufgegangen, viele Fotos entstanden und wir hatten inzwischen rechtschaffenen Frühstückshunger. Also zurück zum Hotel. Das Frühstück zog sich endlos in die Länge, entweder war der Kellner unbereit oder durch die Anwesenheit einer Reisegruppe hoffnungslos überfordert.
Um 11:00 machten wir und auf den Weg um noch ein paar Tempel zu besichtigen:
1.) Tulis Manas-Tempel: Dieser moderne Tempel im Sikhara-Stil wurde erst 1964 gebaut. Seine Wände tragen Inschriften mit Versen aus dem Ram Charita Manas, der hinduistischen Version des Ramayana. Sie erzählen die Geschichte des Gottes Rama, einer Inkarnation von Vishnu. Der Autor Tulsi Das lebte im Mittelalter in Varanasi, als er das Epos schrieb und starb 1623.
2.) Durga-Tempel: Dieser Tempel ist eher bekannt als Affentempel, denn viele Affen haben sich diesen Tempel als Wohnort ausgesucht. Als ich damals mit Christian dort war, sahen wir auch sehr viele Affen, aber diesmal war kein einziger Affe zu sehen, dafür stank es fürchterlich, mehr wie in einer Affentoilette. Der Tempel wurde im 18. Jahrhundert von einer bengalischen Maharani erbaut. Wir hielten uns nicht lange auf, denn der Gestank war wirklich nicht auszuhalten.
3.) Neuer Vishwanath-Tempel: Der Tempel wurde von Pandit Malviya entworfen und von der begüterten Industriellenfamilie Birla erbaut.
Als großer Nationalist hatte es sich Pandit Malviya vorgenommen, dass der Hinduismus ohne Kastensystem eine Wiederbelebung erfahren sollte. Auch all Vorurteile sollten abgeschafft werden. Dieser Tempel ist ein Zeichen seines guten Willens, denn er ist, anders als viele andere Tempel von Varanasi, für alle Menschen zugänglich, ganz gleich, welcher Kaste oder Religion sie angehören. Das mag theoretisch richtig sein, aber der Tempel hatte geschlossen.
Wir fuhren zurück zum Hotel, erfrischten uns durch eine Dusche und brachen dann zu einem Spaziergang in eine der belebten Hauptstraßen von Varanasi auf. Als wir von dem Gewimmel genug hatten, fuhren wir mit einer Rikscha zum Bahnhof, mit einem ganz erstaunlichen Rikschafahrer, erstens nahm er einen Nicht-Touristen-Preis und hatte dann auch noch Wechselgeld. Am Bahnhof war nicht so viel los wie erwartet, die davorliegenden Verkaufsstände boten auch nicht so recht etwas nach unserem Geschmack an. Ausgesprochen widerlich war ein Stand, an dem lebenden kleine Echsen festgebunden auf dem Rücken lagen, mit ihrem ungeschützten Bäuchen in der prallen Sonne, die absolute Tierquälerei.
Mit einer anderen Rikscha fuhren wir zum Hotel zurück, und aßen auch dort zu Abend.
Aufstehen um 7:00, Tasche packen und anschließend Fahrt mit einem Taxi und den Italienern nach Sarnath. Es liegt nur 10 km von Varanasi entfernt. Er ein bedeutendes buddhistisches Zentrum. Nachdem Buddha in Bodh Gaya seine Erleuchtung erfahren hatte, kam er nach Sarnath, um hier seine Lehre des mittleren Weges zum Nirwana zu verkünden. Später errichtete dann der große buddhistische Herrscher Ashoka in Sarnath prächtige Stupas und andere Gebäude.
Als aber der Buddhismus an Bedeutung verlor und die moslemischen Invasoren Indien überfielen, blieb von Sarnath nicht mehr viel übrig. Die Invasoren rissen alles nieder und schändeten die heiligen Bauwerke. Auch Akbar ließ seinen Vater Humayun zu Ehren auf den Grundmauern eines Stupa ein Denkmal errichten.
Die Zeit verrichtete dann den Rest. Erst 1836 begannen britische Archäologen mit Ausgrabungen bei Sarnath. Dadurch erhielt Sarnath ein wenig vom früheren Glanz zurück.
Wir hielten uns in Sarnath, einschließlich Museum ca. 2 Stunden auf und fuhren dann zurück ins Hotel in Varanasi. Dort mußten wir bis 12:00 das Zimmer räumen, und lungerten dann in der Halle herum, aßen kurz zu Mittag um dann wieder zu lungern. Immer nur Schiffe versenken ist auch doof.
Um kurz vor 17:00 machten wir uns auf den Weg zum Flughafen, wo unser Flieger um 19:00 startete. Nach einer Zwischenlandung in Gorakhpur kamen wir schließlich gegen 21:30 in Calcutta an.
Da der Flughafen Calcuttas sehr weit außerhalb der Stadt liegt, hatten wir uns das Flughafenhotel als Übernachtungsstätte ausgesucht, da wir schon am nächsten Vormittag nach Bagdora weiter wollten. Bei Flughafenhotel dachten wir so ein bißchen an dieselben in Europa, aber weit gefehlt. Es war zwar nahe am Flughafen, aber eine total vergammelte heruntergekommene Kiste, das Sandwich zum Abendessen war auch nicht zu empfehlen.
letzte Änderung: 27.11.2019 · Copyright © 2003 - 2024 by Angelika Rosenzweig