Da die Weiterreise mit dem Zug um 8:30 losgehen sollte, war wegen der packenden Szenen frühes Aufstehen (5:45) angesagt, um 7:00 ging's zum Bahnhof, der Zug fuhr um 8:15 ab. Wir waren jedoch schon so früh am Bahnhof, weil wir noch Fahrkarten kaufen mußten, was sich als völlig problemlos herausstellte .
So konnten wir noch die morgendliche Reinigung des Bahnhofs Agra beobachten, die daraus bestand, dass der Bahnsteig mit einem Schlauch unter Wasser gesetzt wurde. Die Zugfahrt war recht kurzweilig und wir kamen pünktlich um 10:30 in Jhansi an.
Der Bus nach Khajouraho stand schon bereit, wieder eine ziemliche Klapperkiste und uns erwarteten fast 6 Stunden Busfahrt. Um 11:00 fuhr der Bus los, zunächst nur bis zum Busbahnhof in Jhansi, wo er ca. 1/2 Stunde Aufenthalt hatte. Unser Busfahrer war ein stolzer Inder, der mit seinem schönen Bart allen durch seine Gestik und Mimik klarmachte, das Männer eine ganz besondere Gattung Mensch sind. Es war ziemlich heiß, auch das geöffnete Fenster nutzte wenig.
Besonders in den Busbahnhöfen, wo immer ein längerer Aufenthalt war, gerieten wir ganz schön ins Schwitzen.
Allerdings waren wir so auch weit entfernt von jeglichem Touristentrubel, und so waren die Aufenthalte in Mauranipur und Chattarpur auch recht kurzweilig. Wir wurden bestaunt, die größte Attraktion war in Chattarpur, als Bernd zum Gepäck aufs Dach stieg. Und natürlich das übliche "Where you come from?, What's your name; Are you married; how many children?" usw.
Obwohl es während der Fahrt eine Menge zu sehen gab, zog es sich ganz schön in die Länge, und wir waren froh als wir um 16:30 endlich in Khajouraho ankamen. Dort leisteten wir uns ein Taxi zum Hotel Khajouraho Ashok.
Ein sehr schönes Hotel um einen Garten mit Swimming-Pool herum gebaut. Der Kofferträger machte uns mehrmals auf den schönen Blick in der Garten aufmerksam, so als ob es sein Verdienst sei, aber wir wollten das Hotel nicht kaufen. Den Pool haben wir dann auch direkt ausgenutzt. Das Abendessen nahmen wir im Hotel ein.
Das Hotel Khajouraho Ashok zeichnet sich besonders durch seine intelligenten Angestellten aus. Der Zimmerkellner wurde immer wieder durch unseren Wunsch die Rechnung zu "signen" überrascht und hatte keinen Kugelschreiber. Also bekam er einen von uns und durfte ihn behalten. Bei der nächsten Bestellung rechneten wir fest mit einem Kugelschreiber in seinem Besitz, aber weit gefehlt, so erhielt er den zweiten Kugelschreiber usw. Bei der 7. oder 8. Bestellung gab er endlich auf und hatte einen Kugelschreiber dabei, aber keinesfalls einen von uns.
Unser Tag begann um 8:30 mit einem erfrischenden Bad im Pool. Danach wollten wir vor unserem Zimmer im Garten zu frühstücken, aber leider gab es keinen Room-Service, also mußten wir ins Restaurant. Danach machten wir den Spaziergang zu Indian Airlines (ca. 4 km vom Hotel entfernt), um einen Flug nach Varanasi zu buchen, aber fast wie erwartet war nichts zu machen. Auf dem Rückweg rasteten wir in Raja's Cafe, das einer Schweizerin gehört. Das Gerücht, dass es in Indien keine Rösti gibt, hält sich zwar hartnäckig, aber es stimmt nicht. In Raja's Cafe gab es welche. Wir hatten jedoch keinen Hunger und tranken nur Soda.
Anschließend nutzen wir unseren schönen Hotelgarten zum Sonnen und Baden, weil wir uns die Tempel nicht in der Mittagshitze antun wollten.
Um 15:00 machten wir uns dann auf den Weg zu den berühmten Tempeln. Ein Besuch der Tempel von Khajouraho gehört zu den Höhepunkten jeder Indienreise. Die Tempel sind Beispiele für die Indo-arische Architektur. Rund um die Tempel erheben sich reihenweise Skulpturen aus der Landschaft, alle Meisterstücke der Steinmetzkunst.
Zwei Elemente kehren immer und immer wieder: Frauen und Sexualität. Die Figuren der Apsaras, der Himmelstänzerinnen, sind an jedem Tempel zu sehen.
Sie tun das, was auch heute noch die Fotomodelle für Herrenmagazine tun - schmollend und sexy posieren.
Zwischendurch erscheinen überall die Mithuna-Gruppen, das sind Paare - an einigen Tempeln auch Gruppen -, die sämtliche Beschreibungen im Kama Sutra verwirklichen, nämlich Liebesspiele, die der Phantasie freien Lauf lassen. Einige dieser Darstellungen lassen den Gedanken aufkommen, alle Beteiligten seien begnadete Artisten. Und einigen dieser Figuren scheint dies durchaus Freude zu bereiten, man sieht es an den Gesichtern.
Alle Tempel entstanden während der Herrschaft der Chandella-Dynastie. Sie regierte fünf Jahrhunderte lang, bevor sie dem Islam zum Opfer fiel. Fast alle Tempel von Khajouraho wurden während eines Jahrhunderts geschaffen in der Zeit von 950-1050 n. Chr. Bis heute ist nicht geklärt warum sich die Chandellas für diesen abgelegenen und unwirtlichen Standort entschieden hatten und warum sie diese Tempel errichteten. Der abgelegene Standort dieser Tempelanlagen erhielt sie dann auch der Nachwelt.
Sonst wären sie sicherlich von den wenig rücksichtsvollen Moslems entdeckt und auch zerstört worden.
Das moderne Khajouraho ist nichts anderes als eine Zusammenballung von Hotels, Restaurants, Läden und Verkaufsständen rings um den Busbahnhof. Die Tempel stehen in drei Gruppen zusammen. Unmittelbar beim modernen Teil der Stadt findet man die Westgruppe,zu dieser Gruppe gehören die größten und bedeutendsten Tempel von Khajouraho. Etwa 1 km östlich des Busbahnhofs liegt die Altstadt von Khajouraho. Sie ist von der Ostgruppe der Tempel umgeben. Abgesehen von den prachtvollen Tempelbauten ist Khajouraho ein friedlicher Ort, an dem man richtig ausspannen kann. Der Alltag in der Stadt verläuft ruhig und ohne Hektik.
Die Tempel von Khajouraho sind mehr oder weniger alle nach dem gleichen Grundmuster erbaut, das es übrigens so nur in Khajouraho gibt.
Um die architektonischen Besonderheiten richtig zu verstehen, müßten eigentlich einige Fachausdrücke erklärt und die Tempel näher beschrieben werden, aber das führte hier zu weit.
An diesem Tag besichtigten wir die Tempel der Westgruppe. Hier finden sich auch die interessantesten Tempel. Die meisten sind umzäunt und von einem sehr gepflegten Park umgeben.
Gegen 17:30 beendeten wir unsere Tempelbesichtigung und betraten schnurstracks das direkt dem Tempel gegenüberliegende Restaurant New Bharat, wo wir zunächst unseren Durst stillten und dann ein köstliches Nudelabendessen zu uns nahmen. Als es dann dunkel wurde, bot sich uns noch ein besonderes Schauspiel; die Tempel wurden durch Scheinwerfer angestrahlt und wirkten auf diese Weise sehr geheimnisvoll. Zurück im Hotel, machten wir noch einen kleinen Einkaufsbummel in den Hotelshops und beschlossen den Abend in der Hotelbar.
Spätes Frühstück um 9:30, dann erneuter Versuch bei Indian Airlines einen Flug zu buchen, wieder ohne Erfolg aber mit dem Eintrag in die Warteliste auf Platz 35. Wir sollten uns dann am nächsten Tag um 12:00 am Flughafen einfinden der Abflug sollte um 13:30 sein.
Dann nahmen wir uns eine Rikscha zur Ostgruppe der Tempel von Khajouraho. Die Ostgruppe muß man eigentlich in zwei Gruppen unterteilen. Zur ersten Gruppe gehören einige Jain-Tempel, die von einer Mauer umgeben sind. Die anderen vier stehen verstreut in dem kleinen Ort Khajouraho, wobei wir uns die Besichtigung dieser vier Tempel schenkten und nur die Jain-Tempel anschauten.
Parsvanath-Tempel: Der größte der Jain-Tempel innerhalb der Mauer gehört ebenfalls zu den schönsten von Khajouraho. Er hat zwar nicht die Größe der Tempel der Westgruppe, ist aber dennoch von hohem künstlerischen Wert, bemerkenswert präzise konstruiert und besitzt sehr schöne Skulpturen. Unter den besonders sehenswerten Figuren ist die einer Frau, die sich einen Dorn aus dem Fuß entfernt, und die einer Frau, die sich schminkt. Ursprünglich war der Tempel Adinath geweiht, aber vor etwa einem Jahrhundert stellte man ein Abbild von Parsvanath auf. Nach ihm ist jetzt der Tempel benannt.
Adinata: Dieser Tempel grenzt an den Parsvanath-Tempel, ist aber kleiner und wurde im Laufe der vergangenen Jahrhunderte immer wieder restauriert.
Er ist mit sehr schönen Reliefs geschmückt und - wie der Parsvanath-Tempel - von drei Reihen mit Skulpturen umgeben. Er ähnelt den Hindutempeln von Khajouraho. Lediglich das Jain-Abbild im inneren Heiligtum deutet darauf hin, dass es kein Hindu-Tempel, sondern ein Jain-Tempel ist.
Nahe des Tempels führte eine steile Treppe zu einem kleinen Torbogen hinunter und neugierig mußten wir nachschauen was es dort wohl zu sehen gab. Wir kamen zu einem Brunnen an dessen Innenseite die Treppe sich noch weiter hinabschlängelte, ein Ende war nicht zu erkennen, denn das Wasser war viel zu tief.
Dann kamen wir noch zum Santinatha - Tempel. Dieser Tempel ist relativ neu, er wurde erst vor einen Jahrhundert erbaut. In ihm sind viele Teile alter Tempel verarbeitet, die aus der Umgebung von Khajouraho stammen.
Um 14:00 waren wir wieder im Hotel und verbrachten dort unseren Nachmittag am Pool und im Garten. Das Abendessen nahmen wir im Hotel ein.
letzte Änderung: 27.11.2019 · Copyright © 2003 - 2024 by Angelika Rosenzweig