Unser Flug nach Bagdora ging um 11:20 und wir kamen um 12:30 dort an. Ich war ein bißchen enttäuscht überhaupt keine Berge zu sehen, denn merkwürdigerweise ist zwar Bagdora nicht weit von Darjeeling, aber man sieht die Berge trotzdem nicht. Eine große Enttäuschung war, dass der Toy Train nach Darjeeling nicht fuhr, es gab nur die Möglichkeit mit dem Bus dort hinzukommen. Dieser fuhr aber schon um 13:00 ab, ein kleiner Linienbus, etwa so die Größe eine VW-Busses. Es war dann auch etwas beengt. Auf der vierstündigen Fahrt mit einem Höhenunterschied von 2100 m (von 100m auf 2200m) hatten wir die Gelegenheit die sich ständig ändernde Vegetation zu bewundern. Vorbei an Feldern, Grasebenen und Teakholzwäldern der heißen Ebene, dann üppiger tropischer Wald; Wald der gemäßigten Zone, wiederum tropische Vegetation, schließlich Teeplantagen - hier wächst der beste Tee der Welt.
Darjeeling: Seit sich die Briten Darjeeling in der Mitte des 19. Jahrhunderts als Erholungs- und Ferienort für die Soldaten aussuchten, ist es ein beliebter Bergort. Der Ort liegt 2100 - 2200 m hoch auf einem Grat und ist von Teeplantagen umgeben. Heutzutage ziehen sich Touristen und Inder aus dem gleichen Grund zurück: Sie wollen der Hitze, der Feuchtigkeit und den sonstigen Unannehmlichkeiten der nordindischen Ebene entfliehen. Die Anziehungskraft die Darjeeling (50.000 Einwohner) auf die Besucher ausübt, ersieht man aus der Tatsache, dass allein die West Bengal Tourist Corporation hier fast 60 Hotels betreibt, abgesehen von den anderen Unterkünften. In Darjeeling treffen sich Menschen aus allen Teilen des östlichen Himalaja. Sie alle kamen, um hier Arbeit zu finden, Handel zu treiben oder - wie die Tibeter - als Flüchtlinge.
Geschichte: Bis zum Beginn des 18. Jahrhunderts gehörte das gesamte Gebiet von der heutigen Grenze zu Sikkim bis in die Ebenen von Bengalen, einschließlich Darjeeling und Kalimpong den Rajas von Sikkim. Dann verloren sie 1706 Kalimpong an Bhutan. Und die Kontrolle über das restliche Gebiet nahmen ihnen 1780 die einfallenden Gurkhas ab, die ihre Herrschaft in Nepal gerade gefestigt hatten. Für die Gurkhas brachte diese Annexion allerdings anschließend Schwierigkeiten mit der britischen East India Company. Zwischen beiden wurden mehrere Kriege geführt, bis die Gurkhas endgültig unterlagen. Deshalb fiel all das Land, das sie den Rajas von Sikkim abgenommen hatten, an die East India Company, die jedoch an die Rajas von Sikkim eine Gebühr bezahlten. Schnell erkannten die Briten die Vorteile dieses Bergortes.
Außerdem hatte Darjeeling eine Schlüsselstellung auf dem Weg nach Nepal und Tibet. Darjeelings Aufschwung zu einem Handelszentrum und Teeanbaugebiet der Briten, gelegen an einer Handelsroute von Sikkim bis in die Ebenen von Indien, war den Lamas und den Kaufleuten von Sikkim ein Dorn im Auge.
Als 1849 zwei britische Reisende mit Genehmigung eines Rajas und der britischen Regierung Sikkim besuchten, wurden sie kurzerhand festgenommen. Um ihre Freilassung zu erreichen, unterbreitete man verschiedene Angebote, aber einen Monat später ließen die Behörden in Sikkim die beiden Briten völlig ohne Bedingungen frei. Als Vergeltung für die Festnahme der beiden Briten annektierte England daraufhin das ganze Gebiet zwischen der heutigen Grenze zu Sikkim sowie der bengalischen Ebene und strich auch die jährliche Zahlung an den Raja. 1868 wurde diese Zahlung allerdings wieder aufgenommen und sogar auf 9000 Rs erhöht, und zwar an den Sohn des Rajas. 1874 steig sie dann noch auf 12000 Rs an.
Diese Eingliederung änderte den Status von Darjeeling beachtlich. Vorher war Darjeeling nämlich eine britische Enklave inmitten des Gebietes von Sikkim gewesen. Um dorthin zu gelangen, mußten die Briten stets durch das Gebiet reisen, das von einem unabhängigen Raja regiert wurde. Dies änderte sich nach der Übernahme schlagartig, denn Darjeeling war nun mit den britischen Territorien im Süden verbunden. Sikkim war der Zugang zur Ebene nun weitgehend verwehrt und - wenn überhaupt - lediglich durch britisches Gebiet möglich. Dies war für die Tibeter Grund genug für eine Invasion nach Sikkim und für eine britische Militärexpedition nach Lhasa.
Als die Engländer Darjeeling zum ersten Mal erreichten , fanden sie es nur von Wald umgeben und nahezu unbesiedelt vor , obwohl es vor den Kriegen mit Bhutan und Nepal einmal eine Stadt von recht beachtlicher Größe war. Nach dem Einzug der Briten war die schnelle Entwicklung jedoch nicht mehr aufzuhalten.- So war 1840 bereits eine Straße nach Darjeeling fertig, waren Häuser und ein Sanatorium gebaut und wurde ein Hotel eröffnet. Im Jahr 1857 lebten bereits 10000 Menschen in der Stadt.
Diese Zunahme der Bevölkerung ging zum größten Teil auf die Rekrutierung von Arbeitskräften aus Nepal zurück. Diese Arbeiter beschäftigte man in Teeplantagen, die bereits um 1840 herum angelegt wurden. Die Briten hatten Teepflanzen aus China eingeschmuggelt, die sie nun in dieser Gegen anpflanzten. Noch heute sprechen die meisten Menschen in und um Darjeeling Nepali als ihre erste Sprache.
Der Name Darjeeling ist mittlerweile ein Synonym für Tee geworden. Obwohl noch immer die besten Teesorten aus Darjeeling in alle Welt gehen, sieht es für die Teeindustrie dennoch nicht gerade rosig aus. Die Bodenqualität nimmt ab, und die meisten Teebäume sind über 100 Jahre alt. Die Aufzucht neuer Pflanzen wurde versäumt, bis auf wenige Ansätze jedenfalls, und wenn nicht tatkräftige staatliche Hilfe einsetzt, sieht die Zukunft düster aus. Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts mußte der gesamte Nachschub nach Darjeeling und mußten alle Exportgüter von Darjeeling per Ochsenkarren über die Straße nach Siliguri transportiert werden. Diese Straße heißt heute noch Hill Cart Road, und zwar deshalb, weil die Neigung so ausgelegt ist, dass auch Ochsenkarren sie überwinden konnten. Natürlich war dieser Transport sehr langsam und -sogar an damaligen Maßstäben gemessen - teuer. Der Reis, der für 98 Rs pro Tonne in Siliguri gekauft wurde, kostete in Darjeeling 240 Rs. Diese Problem löste sich später, als ein kluger Angestellter der Eastern Bengal Railway, Franklin Prestage, mit fertigen Konstruktionsplänen für eine Miniatureisenbahn auftauchte. Diese Bahn wurde zur berühmten "Toy Train". Mit dem Bau dieser Bahn wurde 1879 begonnen, und bereits zwei Jahr später war alles fertig. Nur leider wurde ausgerechnet im Herbst 1989 die Strecke restauriert.
Je länger wir mit dem Bus fuhren, desto kühler wurde es. Als wir gegen 17:00 in Darjeeling ankamen, war es fast dunkel und ich empfand es als kalt. Wenn man sich auch die Klimatabelle anschaut, ist das schon einleuchtend. Calcutta hat im Oktober eine Durchschnittstemperatur von 23,8 Grad, wogegen Darjeeling nur 10,1 Grad Celsius.
Wir hatten uns im Hotelführer das Hotel Sinclairs ausgeguckt und nahmen uns ab dem Busbahnhof - nein nicht etwa eine Rikscha, so etwas gibt es im bergigen Darjeeling nicht, sondern einen Träger. Der kleine Kerl schnappte sich unsere beiden Taschen und eilte uns voraus. Schon ohne Gepäck hatten wir redliche Mühe ihm bergauf zu folgen, mit Gepäck wäre es unmöglich gewesen. Beeindruckend war seine Art den Anstieg zu bewältigen, er lief den Weg serpentinenmäßig nach oben, wobei er zwar eine wesentlich weiter Strecke zu laufen hatte, aber längst nicht so steil, und der Weg zum Hotel war sehr steil. Das Hotel war sauber und nett und hatte auch noch Zimmer frei.
Nachdem wir die übliche Unordnung im Zimmer hinterlassen hatten, zog ich alles übereinander, was einigermaßen wärmend erschien und wir machten uns auf den Weg ins Zentrum. Dort bummelten wir noch ein bißchen durch die Straßen. Auf dem Rückweg, kurz vor dem steilen Wegstück zum Hotel, sprach uns eine Frau an, ob wir bei ihr Tee probieren wollten. Wir waren erst etwas verunsichert, aber sie war so nett und freundlich, dass wir mitgingen. Wir betraten ein schmales Haus und eine steile Treppe führte uns in den ersten Stock in ihre Wohnung, die aus einem kleinen Zimmer und einer Art Abstellkammer bestand. Wir tranken Tee und kurz nach uns kam noch ein Pärchen aus Kiel, die den Eindruck machten, als seien sie schon öfter bei ihr gewesen. Der Tee schmeckte vorzüglich und wir kauften zwei Packungen, die sie uns für den nächsten Tag transportgerecht verpacken wollte. Das Abendessen nahmen wir im Hotel ein.
Aufstehen um 8:00, Frühstück, Umzug in ein besseres Zimmer und anschließend ein Spaziergang durch den Ort. Die Menschen wirkten alle sehr freundlich, aber es waren keine Inder, sondern Bewohner des Himalaja und somit auch ein völlig anderer Volksstamm. Besser mehrere Volksstämme, vorwiegend Lepchas, Limbus und Bhutias, aber auch Sherpas, die durch die Erstbesteigung des Himalaja durch Edmund Hillary so bekannt wurden. Das Wetter war eigentlich sehr schön, aber die Luft sehr kalt. So konnte man sich kaum zwischen warm und kalt entscheiden, denn in der Sonne, die hier oben doch viel mehr Kraft hat, wirkte es sommerlich warm, aber im Schatten setzte sich die kalte Luft durch.
Ab 15:00 verbrachten wir den Nachmittag auf der Terrasse, bis die Sonne untergegangen war und es zu kalt wurde. Von der Terrasse hatten wir einen schönen Blich auf umliegende Berge, die mit ihren weißen schneebedeckten Gipfeln in der Sonne glitzerten. Der Himmel war unbeschreiblich blau und die Luft einfach traumhaft. Als die Sonne untergegangen war, machten wir noch einen kleinen Spaziergang zur Hauptgeschäftsstraße von Darjeeling, und ich konnte einen schön warmen Pullover erstehen, den ich hier dringend benötigte und der auch für unseren heimatlichen Gefilde geeignet schien. Zudem kam es auch noch zum Erwerb zweier schöner warmer Schals, die es in dieser schönen Qualität bei uns nur für teures Geld gibt. Auf dem Rückweg schauten wir noch kurz bei der Teefrau rein.
Aufstehen um 8:30. Nach wärmender Dusche, die einzige Möglichkeit sich aufzuwärmen, im Zimmer war es fürchterlich kalt, gingen wir frühstücken. Das Wetter war wie am Vortag klar und freundlich und wir machten uns wieder auf den Weg, diesmal in Richtung Stadtmitte, darüber hinaus zum Zoo und Himalayan Institut.
Das Himalayan Mountainiering Institut: Dieses Institut liegt etwa 2 km außerhalb der Stadt und dient zur Ausbildung von Bergführern. Angeschlossen ist ein kleines Museum, in dem Bergführerausrüstungen, besondere Dinge aus der Flora und Fauna des Himalaja und ein Relief des Himalaja ausgestellt sind. Es war ganz interessant und beim Verlassen des Gebäudes entdeckten wir eine Wegweiser zu Hitler's Teleskope. Wir trauten erst unseren Augen nicht, folgten aber diesem Wegweiser und kamen zu einem kleine Pavillon, in dem tatsächlich eine Teleskop stand, gestiftet in den 30 iger Jahren vom Deutschen Reich.
Anschließen führte uns der Weg noch zum dem Institut angeschlossenen Zoologischen Park mit seltenen Tieren. Zu ihnen gehören der sibirische Tiger, der himalayische Schwarzbär, Wild, rote Pandabären und viele Vögel.
Um 12:30 waren wir wieder im Hotel und aßen zu Mittag, in Gesellschaft von einer japanischen Reisegruppe, die vor lauter gegenseitigem Verbeugen kaum zum Essen kamen. Danach ein kleines Mittagsschläfchen, mehr aus wärmenden Gründen als aus Müdigkeit. Den Nachmittag verbrachten wir wieder auf der Terrasse und besuchten anschließend nochmals unsere Teefrau, die diesmal auch unseren Tee fertig verpackt da hatte. Das Abendessen fand wieder im Hotel mit den Japanern statt, sie verbeugten sich immer noch.
Nach dem Abendessen beobachteten wir das muntere Neujahrstreiben mit Krachmachern und Feuerwerk. Denn der 29.10.89. war der Tag des Diwali, dies ist das fröhlichste Fest des Hindukalenders. Nachts brenne zahlreiche Öllampen, um Rama den Heimweg aus seinem Exil zu erleichtern. Alles in allem dauert das Fest fünf Tage.
Der erste Tag ist zugleich der Beginn eines neuen Geschäftsjahres. Der zweite Tag ist Krishna geweiht, der dritte Shiva, der vierte dem freundlichen, wenngleich hochnäsigen Dämonen Bali. Am fünften Tag besuchen Männer ihre Schwestern.
Für diesen Morgen hatten wir uns vorgenommen, den Sonnenaufgang zu beobachten. Also wurde um 3:00 (!) aufgestanden und dann ging's mit dem Jeep zum Tiger Hill. Ein wenig beunruhigend fand ich es schon, dass sich der Fahrer vorm Losfahren bekreuzigte, es wirkte irgendwie nicht so ganz vertrauenerweckend. Die Fahrt ging in stockfinsterer eiskalter Nacht (ich hatte vorsichtshalber die Bettdecke mitgenommen, und das war gut so) ständig bergauf.
Der Tiger Hill ist der höchste Punkt der Gegend, 2590 m und 11 km von Darjeeling entfernt. Auf dem Tiger Hill angekommen, mußten wir feststellen, dass wir nicht die einzigen waren, es war reichlich "overcrowded", außerdem sehr windig, zugig und eiskalt. Die Zeit schien nicht zu vergehen, aber als sich dann endlich die ersten Strahlen der Sonne zeigten, wurden wir mit einem einzigartigen Sonnenaufgangschauspiel belohnt. Die Berge, ganz nah der Kanchenjunga, weiter entfernt der Mount Everest waren in einem wunderbaren Licht angestrahlt und somit sehr fotointensiv.
Auf dem Rückweg kamen wir am Buddhistischen Kloster von Ghoom vorbei, und ließen unseren Fahrer anhalten, um es uns anzusehen. Dies ist vielleicht das berühmteste Kloster von Darjeeling. Es liegt 8 km außerhalb der Stadt. Es birgt in seinen Mauern das Bild des Maitreya Buddha, das ist der künftige Buddha. Trotz der Kälte zogen wir, wie es sich gehört, beim Eintritt ins Kloster die Schuhe aus. Die Mönche machten einen freundlichen Eindruck und den Älteste von Ihnen, den wir für den Abt hielten, fragten wir um Erlaubnis zum Fotografieren. Fotografieren war gestattet, sogar mit Blitz, dafür wurde aber eine kleine Spende erwartet, die wir auch gerne gaben. Der Abt wollte natürlich wissen : Where you come from? Als wir sagten, dass wir aus Deutschland seien, war er sehr interessiert und wollte von uns wissen, wie wir denn mit den vielen Flüchtlingen aus der DDR klarkämen, und ob wir für alle Arbeit und Wohnungen hätten. Wir waren wirklich erstaunt, wie gut dieser Mann informiert war, denn was weiß unsereins schon von Indien oder vom Himalaja.
Um 6:30 waren wir wieder im Hotel und beschlossen doch noch ein kurzes Nachschläfchen anzuschließen und fanden uns dann erst um 9:00 zum Frühstück ein.
Nach dem Frühstück machten wir uns auf den Weg zum Tourist Office, um unseren Bus nach Bagdora für den nächsten Morgen zu buchen. Aber leider hatten wir keinen Erfolg, denn der Bus war ausgebucht. Um 14:00 sollten wir noch mal wiederkommen, denn es sei schon vorgekommen, das Leute zurückgetreten seien. Zum Mittagessen gingen wir ins Hotel zurück.
Um 14:00 fanden wir uns wieder im Tourist-Office ein, aber es hatte noch geschlossen. Wahrscheinlich hatten wir etwas falsch verstanden, und er hatte 15:00 gemeint. Also lungerten wir am Platz vor dem Büro bis 15:00 herum, und beobachteten auf einer sonnenbeschienene Bank sitzend das Treiben auf dem Dorfplatz. Um 15:00 erfuhren wir im Tourist Büro nur, dass der Bus tatsächlich voll sei. Also gingen wir zurück zum Hotel, und buchten dort den normalen Public Bus für den nächsten Morgen um 7:30.
Den Nachmittag verbrachten wir mit Kaffee und Tee auf der Terrasse, das Abendessen fand auch wieder im Hotel statt.
letzte Änderung: 27.11.2019 · Copyright © 2003 - 2024 by Angelika Rosenzweig