Um 7:45 hektisches Laufen in den Ort mit einem Träger vom Hotel. Er fand auch einen Bus der um 11:30 in Siliguri sein sollte, ein ganz normaler Public Bus. Von Siliguri dann mit dem Taxi zum Flughafen, der Flieger sollte um 12:30 fliegen; es war also zu schaffen. So stiegen wir ein und unser Gepäck wurde auf dem Dach verstaut. Bis nun endlich alle, die mit wollten im Bus waren, einschließlich sabbernder Kinder, die fast bei mir auf dem Schoß saßen, und massenhaft ärmlicher , nicht besonders sauberer Leute, fuhr der Bus kurz vor 8:00 schließlich los.. Nach etwa 5 Minuten hielt er das erste Mal und es stiegen nochmals Menschenmassen ein. Das passierte dann noch drei Mal und schließlich fragten wir nochmals nach, wann denn der Bus in Siliguri sein sollte und der Schaffner meinte ganz lässig so gegen 12:00. Kurz entschlossen verließen wir den Bus - was gar nicht so einfach war, wegen der Überfüllung -, denn mit diesen Bus war es nicht mehr zu schaffen, rechtzeitig am Flughafen zu sein.
Nachdem nun unser Gepäck von Dach runter war, fuhr der Bus weiter, aber wir sahen ihn ein paar Meter weiter schon wieder stehen bleiben. Wir machten uns auf den Rückweg ins Zentrum von Darjeeling, kamen aber wegen der schweren Taschen nicht voran. Wir kamen dann auf die Idee, dass ich beim Gepäck bleiben sollte und Bernd leer zurücklaufen, denn so ging es schneller. Bernd machte sich auf den Weg, ein Taxi zu suchen und ich setzte mich an den Straßenrand und passte auf das Gepäck auf.
Nach ca. 15 Minuten tauchte Bernd mit einem Jeep mit Fahrer wieder auf. Der Jeep war ein recht ältliches Modell aber besser als nichts. Prompt nach 5 km ging der Motor aus und weigerte sich auch beharrlich, wieder anzuspringen. Ein weiterer Einheimischer kam hinzu, faselte etwas von Motorschaden, aber es wurde im Motorraum rumhantiert und die Fahrt konnte weitergehen. Bis Kurseong fuhr der Jeep die gleiche Strecke wie der Bus, den wir natürlich überholten, danach nahm er eine wunderschöne, aber auch sehr steile und abenteuerliche Abkürzung. Schon unten im Flachland, etwa noch 3 km von Flughafen entfernt streikte der Jeep nun endgültig, auch vereintes Schieben nutzte nur kurzfristig. Ein privates Auto nahm uns dann mit und setzte uns am Flughafen ab. Das ganze Vergnügen hatte 600 Rs gekostet, aber immerhin waren wir um 11:30 am Flughafen. Der Abflug nach Calcutta war etwas verspätet um 13:00 und eine Stunde später kamen wir in Calcutta an. Wir nahmen uns ein Taxi zum von Reiseführer empfohlenen Hotel Fairlawn, aber es war leider ausgebucht. Also weiter zum Hotel Great Eastern, eine aus der Kolonialzeit übriggebliebene Riesenkiste mit viel verstaubter Eleganz. Unser Zimmer war riesengroß, der Fernseher war am anderen Ende des Zimmers kaum zu sehen, der alte Schrank wäre bei uns Zuhause ein Vermögen wert gewesen. Nach Duschen, Fernsehen und ein wenig erholen, Abendessen im Coffee Shop des Hotels.
Kalkutta ist die Hauptstadt Westbengalens und mit 8 Millionen Einwohnern die größte Stadt Indiens. Zu großen Teilen ist diese Stadt bedrückend, häßlich sowie hoffnungslos und damit für viele Besucher Indiens schlimmste und traurigste Stadt. Trotz allem ist Calcutta aber zugleich auch eine der faszinierendsten Städte von ganz Indien und birgt in sich Stätten seltener Schönheit. Zu Beginn dieses Jahrhunderts war Calcutta die Hauptstadt des britischen Indien. Im Gegensatz zu Delhi ist sie aber keine historische Stadt mit einer ereignisreichen Geschichte. Und viele Relikte aus beredter Vergangenheit fehlen auch. Calcutta ist eine britische Erfindung, die nicht mehr als 300 Jahre alt ist.
Im Jahre 1686 gaben die Briten ihren Handelsstützpunkt Hooghly, 39 km stromaufwärts vom heutigen Calcutta am Hooghly River gelegen, auf und verlegten ihn flußabwärts nach drei kleineren Städten - Sutanati, Govindpur und Kalikata. Seinen Namen erhielt Kalkutta nach der letzten dieser kleinen Städte. In den Folgejahren dehnte sich Kalkutta immer mehr aus. Dies gefiel aber dem Nabob von Murshidabad, überhaupt nicht, und er ließ 1756 die Stadt angreifen. Daraufhin flüchteten die meisten britischen Bewohner. Wem dies nicht mehr möglich war, der wurde gefangen genommen und in ein unterirdisches Verließ gesteckt, in dem die meisten Gefangenen erstickten. Dieser Kerker ging in die Geschichte Kalkuttas unter der Bezeichnung "Schwarzes Loch von Kalkutta" ein.
Zu Beginn des Jahres 1757 eroberten die Engländer Kalkutta zurück und schlossen mit dem Nabob Frieden. Danach baute man in Kalkutta ein wesentlich stärker befestigtes Fort und ernannte diese Stadt nunmehr zur Hauptstadt von Britisch-Indien. Alles, was überhaupt von Dauer war und in die Geschichte einging, fällt in die Zeit von 1780 und 1820. Später geriet Bengalen immer mehr in die Wirren des Unabhängigkeitskrieges. Dies war der Grund für die Briten, die Hauptstadt zu verlegen und sich 1911 für Delhi zu entscheiden.
Die unglückliche Teilung Indiens berührte Kalkutta mehr als alle anderen wichtigen Städte Indiens. Da die beiden Staaten Bengalen und Punjab zugleich die beiden größten Regionen mit gemischter Hindu- und moslemischer Bevölkerung waren und auch eine entsprechenden geographische Lage hatten, blieb ihnen das Schicksal der Teilung nicht erspart. Daraus ergab sich aber für Bengalen, dass Kalkutta, plötzlich ohne Hinterland war, während auf der anderen Seite der neu geschaffenen Grenze in Ostpakistan (heute Bangladesch) Jute angebaut wurde, das Anbaugebiet aber ohne Zugang zur weiterverarbeitenden Industrie und gar zu einem Exporthafen blieb. Hinzu kommt, dass Westbengalen und Kalkutta durch Zehntausende von Flüchtlingen aus Ost Bengalen völlig überlaufen wurden.
Diese Flüchtlinge sowie die Bevölkerungsexplosion des Nachkriegsindien führten schließlich dazu, dass Kalkutta zu einem Chaos wurde. Die Stadt wurde zum Synonym für Erbärmlichkeit, Krankheit und Tod. Das Werk der Mutter Teresa geriet mehr und mehr in den Blickpunkt der Weltöffentlichkeit und legte das Unheil dieser Stadt dar. Als dann 1971 der Indien-Pakistan-Konflikt ausbrach und die Schaffung des Staates Bangladesch einen weiteren Flüchtlingsstrom nach Kalkutta verursachte, vergrößerte sich die ohnehin chaotische Situation bis zum Unerträglichen.
Aber damit noch nicht genug. Kalkutta litt auch ständig unter Arbeiterunruhen, woraus wiederum ein Rückgang der Produktivität resultiert. Das Unglück wird noch vergrößert durch die hoffnungslose Situation bei der Versorgung der Stadt mit Strom. Elektrizität in Kalkutta ist gleichzusetzen mit ständig verlöschenden und wieder arbeitenden Stromquellen. Die führte dazu, dass nahezu jedes Hotel, jedes Restaurant, jeder Laden und jeder Kleinbetrieb einen eigenen Generator besitzt oder sich durch Batterien mit Strom versorgt. Die Schuld an dieser Misere gibt man den Arbeitern, den Technikern, den Elektrizitätswerken und den Minenarbeitern. Sogar die Bahnarbeiter müssen als Schuldige herhalten, weil sie angeblich die zur Stromversorgung nötige Kohle nicht rechtzeitig herbeischafften. Schuld sind wohl alle zusammen, denn im Vergleich zu Kalkutta kommt Bombay bei den Stromunterbrechungen erheblich besser weg.
Abgesehen von all diesen Problemen ist Kalkutta eine Stadt mit Herz, auf die viele Einwohner sehr stolz sind. Die Bengalis, die sich gegen die Engländer im Unabhängigkeitskrieg wehrten, sind zugleich die Dichter und Künstler Indiens. Am deutlichsten wird dies in den Filmproduktionen von Bombay und Kalkutta sichtbar. Während Bombay, das Hollywood von Indien, Filme von kitschiger Banalität ausspuckt, stellen die wenigen Filmemacher von Kalkutta nichtkommerzielle Streifen her, die einen Vergleich mit westlichen Filmen nicht zu scheuen brauchen. Die Besonderheit von Kalkutta kommt aber auch in anderen Bereichen zum Tragen. Da gibt es nämlich zwischen all dem Elend und dem Gewirr von Kalkutta Plätze und Zeiten schierer Verzauberung: Blumenverkäufer neben dem mysteriösen und fast ätherischen Hooghly River, das majestätische Flair des Maidan, die arrogante Masse des Viktoria Memorial, die ausgezeichneten Sammlungen des indischen Museums von Kalkutta. Sie alle sind ein Teil dieser auf so unterschiedliche Weise beeindruckenden Stadt.
Nach frühem Erwachen und kurzer Unterhaltung, kamen wir zu dem Entschluß, die Reiseroute drastisch abzuändern: der Badeteil sollte nicht in Puri, Bubaneshwar oder Konarak stattfinden, sondern in Goa, denn hauptsächlich Bernd hatte die Schnauze voll vom Dreck und Menschengetümmel.
Nach dem Frühstück machten wir uns auf den Weg zum Tourist-Office am BBD BAG wie der Dalhousie Square heute heißt, aber es war noch geschlossen.
Also schlenderten wir zurück zum Hotel, in der Hoffnung, dass wenigstens das dortige Indian Airlines Büro inzwischen geöffnet hat. Es hatte, und nach einer halben Stunde hatten wir nach völlig problemloser Buchung unsere Tickets nach Goa über Bangalore in den Händen. Dann noch mal zum Tourist Bureau of West Bengal, aber Stadtrundfahrten gab es dort nicht. So machten wir uns auf den Weg zum Indischen Tourist Office, allerdings hatten wir den Stadtplan ziemlich falsch interpretiert, die Entfernungen waren gewaltig.
Südlich des BBD Bag erstreckt sich entlang des Flusses die weite Fläche des Maidan und - etwas vom Fluß entfernt die Gegend um Chowringhee. Hier findet man einige Hotels, die Büros der meisten Fluggesellschaften, Restaurants und Reisebüros und am südlichsten Ende das Fremdenverkehrsamt.
Wir unterbrachen den langen Marsch durch eine Station U-Bahn-Fahrt. Endlich beim Tourist Office angekommen, buchten wir eine Stadtrundfahrt für den nächsten Tag. Unser Rückweg führte uns am Viktoria Memorial vorbei quer über den Maidan zurück.
Irgendwie war der Rückweg die Suche nach dem Garten Eden, aber wir fanden ihn nicht. Denn das Indienhandbuch sagt folgendes: In der Nordwest-Ecke des Maidan liegen die kleinen und sehr schön angelegten Eden Gardens. 1856 brachte man von Prome in Burma eine kleine Pagode hierher.
Sie steht heute inmitten eines malerischen kleinen Sees. Die Gärten wurden benannt nach den Schwestern von Lord Auckland, dem früheren Generalgouverneur. In den Gärten liegen auch die Kricketplätze von Kalkutta. Gegenüber von den Eden Gardens gibt es einen sehr schönen Uferweg entlang des Hooghly River.
Als wir schon völlig fußlahm waren und auf dem Stadtplan auch nicht mehr so recht erkennen konnten, wo wir eigentlich waren, wollten wir uns schon fast ein Taxi nehmen, bogen um die nächste Ecke, dort eins zu suchen und standen vor unserem Hotel.
Ein etwas verspätetes Mittagessen (15:00) ließ unsere Lebensgeister wieder erwachen, aber der müden Füße wegen schloß sich ein Fernsehnachmittag an. Unser Abendessen nahmen wir zur Abwechslung im China Restaurant des Hotels ein, war aber eine glatte Enttäuschung. Wie sich ein paar Tage später herausstellte, waren alle meinen schönen Straßenbahn und Busbilder für die Katz, denn der Film ist leider beim Herausnehmen aus dem Apparat in Goa gerissen und hat dann Licht bekommen. Zu schade.
Beginn der Stadrundfahrt war um 8:00. Zuerst fuhren wir zum Sitambara Jain-Tempel . Dieser Tempel aus dem Jahr 1867 ist Sheetalnathji geweiht, dem 10. von 24 Tirthankars der Jains. Er liegt im Nordosten der Stadt, ist eine einziges Wirrwarr von Spiegeln, farbigen Steinen sowie Glasmosaiken umgeben von einem Garten.
Dann fuhren wir weiter zum Belur Math, dem Hauptquartier der Ramakrishna-Mission. Es ist im Norden der Stadt gelegen. Der indische Philosoph Ramakrishna predigte die Einheit aller Religionen, und nach seinem Tod (1886) gründete sein Nachfolger Swami Vivekanada im Jahr 1897 die Ramakrishna-Mission. Mittlerweile gibt es in ganz Indien Zweigstellen dieser Mission. Belur Math, das Hauptquartier dieser internationalen Bewegung wurde 1899 gegründet.
Mit dem Bau wollte man erreichen, dass - je nachdem, von welcher Stelle dieses Gebäude betrachtet wird - eine Kirche, eine Moschee oder ein Tempel zu erkennen ist.
Gegenüber von Belur Math, auf der anderen Flußseite liegt der Kali Tempel Dakshineshwar, unsere nächste Station der Rundfahrt. Ramakrishna war dort Priester, als er seine Vision der geeinten Kirchen hatte. Sie sollte alle Religionen umfassen. Der Kali-Tempel wurde 1847 gebaut.
Danach fuhren wir wieder zurück zum anderen Ufer und passierten dabei die berühmte Howrah Bridge. Noch bis 1943 führte über den Fluß lediglich eine Pontonbrücke, die für den Schiffsverkehr immer geöffnet werden mußte. Der Bau dieser Brücke war lange heiß umstritten. Man befürchtete nämlich, dass die Konstruktion eine Versandung des Flusses sowie Veränderungen der Strömung zur Folge haben würde. Dieses Problem umging man durch den Bau einer 450m langen Spannbrücke, völlig ohne Pfeiler im Fluß.
Über sie zieht ein unendlicher Strom jeglichen Verkehrs, meistens ist die Brücke völlig überlastet, so dass man vor wenigen Jahren eine weitere Brücke ein paar Kilometer flußabwärts plante.
Dann gingen jedoch die Mittel aus, und alles blieb für einige Jahre unfertig liegen. Erst vor kurzem entschied man sich für die Fortsetzung der Arbeiten und baut mittlerweile weiter.
Wir fanden die Brücke sehr beeindruckend, in ihrer ganzen Häßlichkeit wirkte sie trotzdem erhaben.
Dann war ein Halt am Victoria Memorial angesagt am Südende des Maidan. Das Victoria Memorial erinnert an die Zeiten, in denen Kalkutta noch britisch war, und ist vielleicht das gewichtigste Relikt dieser Zeit in ganz Indien. Es ist ein riesiges Museum aus weißem Marmor in einer etwas befremdenden Kombination aus klassischer europäischer Architektur und dem Stil der Mogulzeit. Die Idee zu diesem Bau hatte Lord Curzon. Das Geld dazu stammt aus freiwilligen Spenden der Prinzen und der Bevölkerung von Indien. Der Prince of Wales (später König George V.) legte 1906 den Grundstein. Aber die Eröffnung nahm 1921 ein andere Prince of Wales vor, nämlich der spätere Herzog von Windsor.
Es dürfte kaum eine Rolle spielen, ob man ein großes Interesse an dem britischen Intermezzo in Indien hat oder nicht, diese Gebäude ist auf jeden Fall sehenswert. Dort erzählt man die Geschichte der Zeit, in der die Briten auf der Höhe ihres Ruhmes in Indien standen, kurz bevor ihr Einfluß immer weiter schwand. Vor dem Gebäude steht eine Statue der Königin Victoria, dargestellt zu einer Zeit, in der sie recht umfangreich und vielleicht nicht ganz ansehnlich war.
Nach dem Besuch des Victoria Memorial war eine Mittagspause von einer Stunde, gegenüber vom Indischen Museum angesagt. Wir aßen gegenüber in einem kleinen Restaurant chinesischer Art.
Das Indische Museum ist im Indien Handbuch sehr lobend erwähnt, was ich hier jetzt nicht wiederholen möchte, denn wir empfanden es als ziemlich scheußlich, noch aus dem vorigen Jahrhundert übriggeblieben, ziemlich verstaubt mit vielen ekligen ausgestopften Tieren.
Anschließend wurde uns noch das Kindermuseum angeboten, was sich als doofes Spielzeugmuseum herausstellte, das wir sofort wieder verließen. Daraufhin verzichteten wir auf Zoo und Botanischen Garten, denn wir hatten auch genug Stadtrundfahrt und nahmen uns ein Taxi zurück zum Hotel. Der Abend wurde wieder mit dem ausgiebigen Fernsehprogramm beschlossen.
letzte Änderung: 27.11.2019 · Copyright © 2003 - 2024 by Angelika Rosenzweig